Solidaritätsreise – Shavei Zion

Als die in Rexingen lebenden Landjuden aufgrund der zunehmenden Entrechtung und Diskriminierung die gemeinschaftliche Ausreise nach Palästina ins Auge fassten, schloss sich Julius Fröhlich aus Tuttlingen 1937 einem Erkundungstrupp an, der ein Stück Land nördlich von Haifa als geeignet für die geplante Ansiedlung fand.

Bei der Verabschiedung der ersten Gruppe der religiösen jüdischen Schwaben gab der Rabbiner an, dass erst die Nazis sie zu Zionisten gemacht haben, sie aber als solche bereit für das jüdische Siedlungswerk in Palästina sind. Die Rexinger Vorhut machte sich nach ihrer Ankunft in Palästina am 13.04.38 von Haifa auf um in nur wenigen Stunden auf dem vorgesehenen Gelände eine Turm- und Palisadensiedlung zu errichten, aus der sich das Genossenschaftsdorf Shavei Zion entwickeln sollte. Julius Fröhlich kam mit seiner Familie im September 1938 nach Palästina.

Die sich ständig verschärfenden Schikanen der Deutschen machten die Ausreise zu der Zeit extrem schwierig und einige Rexinger Juden, die schon auf gepackten Koffern saßen, kamen z.T. wegen ein paar Reichsmark, die ihnen fehlten nicht mehr aus Deutschland heraus.

Den Auswanderern gelang es die Torarolle aus Rexingen nach Palästina mitzunehmen.

Julius Fröhlichs Sohn Walter und seine drei Geschwister kamen nach, als der Ort sich etabliert hatte. Aus Walter wurde Amos.

Shavei Zion war in den ersten Jahren seines Bestehens ein traditionell-jüdisches Dorf, in dem Schwäbisch gschwätzt und gekocht wurde und wo es eine Kehrwoche gab. Mit 14 wurde Amos aus der Schule genommen um zu schaffen. Wie die Dorfjugend begeisterte sich auch Amos für die sozialistisch-zionistische Ideologie und den erez-israelischen Lebensstil.

Die für Amos prägenden Institutionen waren die Landwirtschaftsschule und die Armee wo er in Kontakt mit den Sabres kam und sein Deutsch-Sein abgelegt hat.

Durch seine randständige Lage war Shavei Zion stets durch die Araber gefährdet. Seiner Rekrutierung für die Hagana folgte der Befreiungskrieg. Seine Schwester fiel den Kämpfen mit den Arabern zum Opfer.

Mit 23 wurde Amos zum Geschäftsführer der Landwirtschaftskooperative ernannt und blieb in dieser Funktion bis er Mitte der 50er austrat um in Deutschland Abitur zu machen und Tiermedizin zu studieren. Die erste Entscheidung seines Lebens, die nicht vom Kollektiv getroffen wurde, wie er sagt. In der Zeit lernte er seine Frau Gila kennen. Als er nach Israel zurückkehrte zog er wieder nach Shavei Zion zurück, leitete die Viehwirtschaft und arbeitete als Tierarzt im westlichen Galiläa.

Amos hält es für unerträglich, mit welchem antisemitischen Unterton über Israel berichtet wird. Angefangen bei den Lügen über den Landraub und der ständigen Täter-Opfer Umkehr. Amos ist schockiert, wie Israel nach den Gräueltaten, Vergewaltigungen, Entführungen und dem Massenmord von der Welt auf die Anklagebank gesetzt wird.

Für die israelischen Araber findet er warme Worte und unterscheidet sie von den hasserfüllten islamistischen Fanatiker, die Israel umstellen und gegen deren Vernichtungsantisemitismus sich Israel zur Wehr setzen muss. Der 94jährige, der in seinem Leben unvorstellbar viel durchgemacht hat, ist dieser Tage in Sorge.

Beim Rundgang durch das Dorf in Begleitung von Dorothea Bayer, der Tante des in Gaza gefallenen Elitesoldaten Urija Bayer, der Leiterin des Archivs Judith und des Sohns des ehemaligen Bürgermeisters sind Kanonenschläge von der Nordfront zu hören.

Uns wurde das nach dem 7/10 errichtete Kontrollzentrum gezeigt, in den die Verteidigung koordiniert und rund um die Uhr der Strand überwacht wird. Die Angst vor Infiltration ist groß. Vor dem Kontrollzentrum treffen wir ein Mitglied der 22-köpfigen Bürgerwehr.

In Shavei Zion, das inzwischen mehrheitlich von Juden nordafrikanischer und orientalischer Herkunft bewohnt ist, ist der heraufziehnde Krieg im Norden spürbar. Kindergarten sind verlegt, Binnenflüchtlinge aus den Ortschaften direkt an der Grenze und Militär sind im Ort. Freiwillige aus Shavei Zion haben eine Großküche eingerichtet, wo sie für die Truppen kochen.

Wir haben uns von Dorothea Bayer das Beit El zeigen lassen, ein von schwäbischen Christen errichtetes Erholungsheim für Holocaustüberlebende, das in der jüdischen Bevölkerung große Akzeptanz findet. Träger des Hauses ist der Verein Zeddekah, der auch das Pflegeheim für Holocaust Überlebende Beit Eliezer in Ma’alot betreibt.

Solidaritätsreise – Hilfsengel

In einer Sackgasse hinter dem Nachbarschaftspark Marom Nave im Süden von Ramat Gan hat der Verein Maccabi Ramat Yizhak von der Stadt ein runtergekommenes und vermülltes Gebäude zur Nutzung als Sport- und Kulturzentrum überlassen bekommen. Wir haben Na’or Brachel und seine Mitstreiter Eyal und Ofir getroffen. Im obersten Stockwerk haben der unermüdliche Na’or Brachel und seine Mitstreiter einen Tischtennis Saal mit acht Platten eingerichtet. Obwohl es an einem Aufzug fehlt, die Beleuchtung suboptimal ist und der Boden beschädigt ist, haben sich dort Parkinson Patienten eingefunden, die drei, fünf und sogar sieben Mal in der Woche kamen, um Tischtennis zu spielen. Warum? Weil Tischtennis spielen entspannt und die Koordination fördert. Tischtennis, so die Anwesenden bei unserem Besuch, erhöhe ihre Lebensqualität signifikant. Nach dem Vorbild in Ramat Ganz wurden 22 weitere Spielstätten für Parkinson Patienten in Israel errichtet. Selbstverständlich ließ es sich die Delegation nicht nehmen sich mit den Anwesenden im Spiel zu messen.

Die Möglichkeit blieb nach 7/10 erhalten, da das Gebäude einen Bunker hat. Trotz fehlendem Aufzug hätten, sie es immer in knapp einer Minute geschafft, erzählen die Anwesenden.

Na’or Brachel und seine Mitstreiter haben sich nach 7/10 ins Zeug gelegt, gesammelt und rund um die Uhr renoviert, um die zwei weiteren Stockwerke zu zwei Gemeinschaftswohnungen für je zwei Familien zu machen. Dort leben heute vorübergehend Familien aus Kiriat Shmona. Obwohl die Improvisation charakteristisch ist, muss die Unterkunft im Hinblick auf die extremen sozialen Spannungen in den Hotels als Glücksfall für die dort untergekommenen gelten.

Entsprechend nennt eine Mutter Na’or einen Engel. Und dieser Engel hat es nicht bei der Bereitstellung gelassen so fern engagiert sich sehr um die übergangsweise Eingliederung der Binnenflüchtlinge in die Nachbarschaft.

Am Ende konnten wir uns noch mit zwei der Jugendlichen aus Kiriat Shmona unterhalten. Ein 12-jähriger, der erzählt hat, dass er neue Freunde gefunden hat. Und eine 18-jährige, deren Rekrutierung bevorsteht. Sie geht in die Kampfeinheiten. Das Verlangen das Land zu verteidigen brenne in ihr, erklärt sie ihre Entscheidung.

Beim abschließenden gemeinsamen Zusammensein hat uns Na’or erzählt, dass sie ihr herausragendes Engagement z.T. aus eigener Tasche bezahlen. Mit einer kleinen Spende der Delegation hat er am nächsten Tag einen Schrank und Essen gekauft. Außerdem hat uns Na’or eröffnet, dass sie einen Großspender für die Ausbesserung des Tischtennis Saal suchen.

Spendenmöglichkeit. Von unserer Seite eine klare Spendenempfehlung.

Solidaritätsreise – Eli und die Histadruth

Eli Holtzman gehört der Minderheit der Linkszionisten im Land an. Eli ist ein langjähriger Freund der DIG Stuttgart, der für die Histadrut ­arbeitet, Seniorenseminare organisiert, ehrenamtlicher Generalsekretär der Avoda in deren letzter städtischen Hochburg Givatayim ist und für die Wahlliste des sozialdemokratischen Bürgermeisters in Givatayim im Gemeinderat sitzt. Eli engagiert sich seit Jahren für die Partnerschaft zwischen der Stadt Givatayim und dem Landkreis Esslingen. Und für die Gewerkschaft um die Austausche mit Saarland und Rheinland Pfalz.

Eli ist überzeugt davon, dass Begegnung Verständnis schafft.

In einem offenen und berührenden Vortrag ließ uns Eli am Zusammenbruch seiner Überzeugungen und Weltsicht seit dem 7. Oktober Teil haben. Er habe geglaubt, die Palästinenser mit Zugeständnissen zu einem friedlichen Nebeneinander bringen zu können. Er habe an die Möglichkeit des Friedens durch die signifikante Verbesserung der Lebensqualität in Gaza geglaubt. Doch alle Zuwendungen und Arbeitsmöglichkeiten hätten den Hass der Palästinenser nicht gedämpft.

Eli erzählt von antisemitischer Hetze und Indoktrination in der palästinensischen Gesellschaft, die durch unzählige Funde der israelischen Truppen in Schulen und Behörden in Gaza nachgewiesen werden kann. 80% der palästinensischen Bevölkerung, so erinnert Eli, unterstützen die Hamas.

Es ist kein Krieg um Land, so Eli, sondern ein Krieg der unterschiedlichen Werte. Friede sei nicht möglich, so lange der Judenhass das Denken der anderen Seite bestimmt und der Judenmord das größte Anliegen der anderen Seite sei. Durch eine andere Bildung sei das Problem als Generationenherausforderung vielleicht zu lösen und nur so. In ihrer gegenwärtigen Verfasstheit sei auch mit dem größten Willen kein Frieden zu erreichen.

Eli fasst er die düstere Situation der Israelis durch einen Überblick über die Geschehnisse an den Fronten Gaza, Westjordanland, Golan, Libanon und Jemen zusammen und verweist auf den Iran als treibende Kraft hinter der Bedrohung Israels von allen Seiten.

Eli selbst engagiert sich in seinen vielen Funktionen für die vielen von Krieg finanziell Betroffenen und die Absicherung der Reservisten.

Der Gewerkschaftsboss des Bezirks Ofer Hatuka führt dazu ergänzend die vielen Formen der Unterstützung aus, die von der Histadruth für die Front und die Heimatfront geleistet werden.

Für die Zukunft, so sagt, Eli muss man optimistisch sein. Gleichzeitig gesteht er ein, dass Optimismus keinen Anknüpfungspunkt hat.

Solidaritätsreise – Kriegsbilder

Wir haben den Reservisten Yonathan getroffen, der mehrere Wochen als Krankenwagenfahrer im Krieg gedient hat. Yonathan wurde am 7/10 für den Reservedienst rekrutiert und hat uns aus dem Innenleben eines Soldaten erzählt, der Moral, den Sorgen um sich und die Familie, die Bedeutung von Vertrauen in der Einheit und die Teamarbeit in einem Krankenwagen, um verletzte Soldaten zu retten. Yonathan hat uns Einblicke in den Krieg geliefert und das Gefühl, die Verteidigung des Landes in die Hände gelegt zu bekommen.

Die Bedrohung ist existentiell, Menschen wie Yonathan verteidigen das Land.

Der Sportfotograf hat während seines Reservedienst nicht abgelassen von seiner Leidenschaft. Ohne Kamera hat er angefangen mit seinem iPhone zu fotografieren.